Zwei Journalisten verurteilt
- Veröffentlicht am 24. Oktober 2008
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Hanoi / Frankfurt am Main (16. Oktober 2008) – Weil sie maßgeblich an
der Aufdeckung des größten Korruptionsskandals in Vietnam beteiligt
waren, wurden am 15. Oktober in Hanoi zwei Journalisten und zwei
ranghohe Polizeioffiziere zu Haftstrafen verurteilt. Sie deckten auf,
dass rund 40 hohe Parteifunktionäre Schmiergelder erhielten, damit sie
die Einstellung der Ermittlungen gegen den Hauptangeklagten in einem
Wettskandal – einen hohen Ministerialdirektor - durchsetzen. Die
Journalisten Nguyen Viet Chien und Nguyen Van Hai wurden wegen
angeblichen "Missbrauchs demokratischer Rechte" zu zwei Jahren Haft
bzw. zwei Jahren Umerziehung ohne Haft verurteilt. Für die
Polizeioffiziere, die ihnen als Informanten dienten, endete der Prozess
mit einem Jahr Haft bzw. mit einer Verwarnung wegen "vorsätzlichen
Verrats von Dienstgeheimnissen". Nach Ansicht der Internationalen
Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) soll mit diesem Prozess ein
Maulkorb für den aufkeimenden investigativen Journalismus in Vietnam
erreicht werden. Die IGFM fordert Vietnam auf, das Recht auf
Pressefreiheit zu respektieren, den Journalisten Chien sofort und
bedingungslos freizulassen und alle Auflagen gegen den Journalisten Hai
zu annullieren.

Die Journalisten Nguyen Viet Chien (l) und Nguyen Van Hai (r): Wegen "Missbrauchs demokratischer Rechte" zu zwei Jahren Haft bzw. zwei Jahren Umerziehung ohne Haft verurteilt.
Nguyen Van Hai (33 J.), Korrespondent der "Zeitung der Jugend" (Tuoi Tre), erhielt eine milde Strafe, weil er sich "kooperativ" gezeigt hätte. Der Journalist Nguyen Viet Chien (56 J.) von der "Jugendzeitung" (Thanh Nien) dagegen bekam die höchste Strafe, weil er bis zum Schluss seine Unschuld beteuerte. Beiden Journalisten, die sich seit März 2008 in Untersuchungshaft befanden, wurde vorgeworfen, unwahre Informationen über den PMU18-Korruptionsskandal verbreitet zu haben. In der Verhandlung erklärte Chien, dass er die aus Polizeikreisen erhaltenen Informationen stets bei mehreren Quellen verifiziert und erst dann ohne Kommentierung in seinem Artikel verwendet hatte. Seine Informanten, darunter mehrere namentlich bekannte Polizeigeneräle, hätten diese Informationen in offiziellen Interviews persönlich öffentlich gemacht bzw. bestätigt. Sie hätten wissen müssen, wann eine Information als geheim eingestuft sei. Daher seien die Informanten, d.h. die Polizeioffiziere zu bestrafen, wenn sie Staatsgeheimnisse verraten hätten, und nicht er, der Journalist. Die Interviews mit zahlreichen Polizeifunktionären hatte Chien mitgeschnitten und legte dem Gericht mehrere Bänder als Beweis vor, doch es weigerte sich, sie zu berücksichtigen.
Die IGFM sieht in den vier Angeklagten Opfer eines Flügelkampfes der in Vietnam alleinherrschenden Kommunistischen Partei Vietnams. Dem Gericht hält die IGFM Beteiligung an der Vertuschung vor, da es die Mitschnitte der Gespräche mit hohen Polizeioffizieren nicht als Beweismittel zugelassen hatte. Die IGFM vermutet dahinter eine offizielle Weisung, um nicht weitere Offiziere bloßzustellen. Dafür spricht auch, dass Generalmajor Pham Xuan Quac nur eine verhältnismäßig geringe Strafe erhalten hat.
Quelle: www.igfm.de
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