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Zwei Journalisten verurteilt

zwei_journalisten.jpgWeil sie maßgeblich an der Aufdeckung des größten Korruptionsskandals in Vietnam beteiligt waren, wurden am 15. Oktober in Hanoi zwei Journalisten und zwei ranghohe Polizeioffiziere zu Haftstrafen verurteilt.
IGFM: Investigativer Journalismus ausgebremst

Hanoi / Frankfurt am Main (16. Oktober 2008) – Weil sie maßgeblich an der Aufdeckung des größten Korruptionsskandals in Vietnam beteiligt waren, wurden am 15. Oktober in Hanoi zwei Journalisten und zwei ranghohe Polizeioffiziere zu Haftstrafen verurteilt. Sie deckten auf, dass rund 40 hohe Parteifunktionäre Schmiergelder erhielten, damit sie die Einstellung der Ermittlungen gegen den Hauptangeklagten in einem Wettskandal – einen hohen Ministerialdirektor - durchsetzen. Die Journalisten Nguyen Viet Chien und Nguyen Van Hai wurden wegen angeblichen "Missbrauchs demokratischer Rechte" zu zwei Jahren Haft bzw. zwei Jahren Umerziehung ohne Haft verurteilt. Für die Polizeioffiziere, die ihnen als Informanten dienten, endete der Prozess mit einem Jahr Haft bzw. mit einer Verwarnung wegen "vorsätzlichen Verrats von Dienstgeheimnissen". Nach Ansicht der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) soll mit diesem Prozess ein Maulkorb für den aufkeimenden investigativen Journalismus in Vietnam erreicht werden. Die IGFM fordert Vietnam auf, das Recht auf Pressefreiheit zu respektieren, den Journalisten Chien sofort und bedingungslos freizulassen und alle Auflagen gegen den Journalisten Hai zu annullieren.

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Die Journalisten Nguyen Viet Chien (l) und Nguyen Van Hai (r): Wegen "Missbrauchs demokratischer Rechte" zu zwei Jahren Haft bzw. zwei Jahren Umerziehung ohne Haft verurteilt.
Vor zwei Jahren deckte die Polizei einen Wettring auf, an dem sich hohe Staatsbeamte beteiligt und beispielsweise Millionen von US-Dollar bei nur einem einzigen Fußballspiel verwettet hatten. Unmittelbar nach Aufdeckung des Skandals forderte die Parteiführung, darunter mehrere Mitglieder des Politbüros und Zentralkomitees, eine schonungslose Aufklärung. Die beiden Angeklagten und rund ein hundert andere Journalisten folgten diesem Aufruf. Sie deckten auf, dass der Direktor im Ministerium für Transportswesen, Bui Tien Dung, nicht nur Millionenbeträge aus dem mit ausländischer Entwicklungshilfe finanzierten Infrastruktur-Bauprojekt PMU18 verspielte, sondern während der Ermittlungen auch einige Millionen US-Dollar an Schmiergeldern einsetze, um den Skandal zu vertuschen. Informationen, wonach rund 40 hohe Parteifunktionäre und Regierungsmitglieder in den Skandal involviert waren, erhielten die Journalisten von Polizeibeamten, darunter dem Leiter des Sonderermittlungsausschusses, Generalmajor Pham Xuan Quac, und dem Chefermittler des Wettskandals, Polizeioberst Dinh Van Huynh. Laut dieser Informationen sollen Partei- und Regierungsfunktionäre Schmiergelder angenommen haben, um die Einstellung der Ermittlungen gegen den Hauptangeklagten durchzusetzen.

Nguyen Van Hai (33 J.), Korrespondent der "Zeitung der Jugend" (Tuoi Tre), erhielt eine milde Strafe, weil er sich "kooperativ" gezeigt hätte. Der Journalist Nguyen Viet Chien (56 J.) von der "Jugendzeitung" (Thanh Nien) dagegen bekam die höchste Strafe, weil er bis zum Schluss seine Unschuld beteuerte. Beiden Journalisten, die sich seit März 2008 in Untersuchungshaft befanden, wurde vorgeworfen, unwahre Informationen über den PMU18-Korruptionsskandal verbreitet zu haben. In der Verhandlung erklärte Chien, dass er die aus Polizeikreisen erhaltenen Informationen stets bei mehreren Quellen verifiziert und erst dann ohne Kommentierung in seinem Artikel verwendet hatte. Seine Informanten, darunter mehrere namentlich bekannte Polizeigeneräle, hätten diese Informationen in offiziellen Interviews persönlich öffentlich gemacht bzw. bestätigt. Sie hätten wissen müssen, wann eine Information als geheim eingestuft sei. Daher seien die Informanten, d.h. die Polizeioffiziere zu bestrafen, wenn sie Staatsgeheimnisse verraten hätten, und nicht er, der Journalist. Die Interviews mit zahlreichen Polizeifunktionären hatte Chien mitgeschnitten und legte dem Gericht mehrere Bänder als Beweis vor, doch es weigerte sich, sie zu berücksichtigen.

Die IGFM sieht in den vier Angeklagten Opfer eines Flügelkampfes der in Vietnam alleinherrschenden Kommunistischen Partei Vietnams. Dem Gericht hält die IGFM Beteiligung an der Vertuschung vor, da es die Mitschnitte der Gespräche mit hohen Polizeioffizieren nicht als Beweismittel zugelassen hatte. Die IGFM vermutet dahinter eine offizielle Weisung, um nicht weitere Offiziere bloßzustellen. Dafür spricht auch, dass Generalmajor Pham Xuan Quac nur eine verhältnismäßig geringe Strafe erhalten hat.


Quelle: www.igfm.de